Zerfall und Auferstehung - die zwei Seiten des Phänomens Wärme
Aus einem Vortrag des Autors, gehalten an der freien Hochschule Lundo, Trentino, Italien, im Juli 2025 mit der Frage der Beziehung zwischen physischer Wärme und Wärmeäther.
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Hier wollen wir den Versuch einer recht ungewöhnlichen und vielleicht auch anspruchsvollen Betrachtung des Phänomens der Wärme wagen (ein Beitrag des Autors).
Wärme, eine scheinbar alltägliche Erscheinung in der äußeren Welt, und doch bereitete sie schon den Physikern bei Ihrer Betrachtung als Energieform im Verhältnis zu anderen Energieformen einiges Kopfzerbrechen1. Mit ihr verbindet man den Farbeindruck des rötlich Glühenden, bis weißgelb Strahlenden, des Brennenden und der Flamme. Selten denkt man bei der Wärme auch an das bläuliche Licht einer Gasflamme.
1) Siehe Beitrag "Eine kurze Abhandlung über das Verhältnis von Wissenschaft und Spiritualität", Begriff Entropie.
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Ob als behagliches Kaminfeuer (links), oder als alles zerstörender Brand (rechts), meistens verbinden wir mit dem Begriff der äußeren oder auch physikalischen Wärme auch das Auftreten als rötlich-gelbe, manchmal auch beunruhigend flackernde Flamme oder den Vorgang des Verbrennens. Das Feuer brennt von der Materie ausgehend nach oben und außen und die Flamme und die Verbrennungsprodukte verlieren sich in der Weite des Außenraumes. (Bilder: Pixabay) |
Anmerkung: In der Naturwissenschaft unterscheidet man streng genommen zwischen der „Wärme“, die ein Gegenstand oder Körper hat und bezeichnet dieses als thermische Energie oder "innere Energie". Wärme im engeren Sinn (Kontaktwärme, Konvektionswärme, Strahlungswärme) wird in der Physik verstanden als die Übertragung von thermischer Energie von einem Körper auf einen anderen, also als die zeitliche Änderung der thermischen Energie. Man unterscheidet also begrifflich zwischen thermischer Energie und Wärme. Wesenhaft ist beides aber das gleiche, man unterscheidet hier nur zwischen einem statischen Zustand und einem Prozess, also einer zeitlichen Änderung ein und derselben Sache.
Auf diese genaue begriffliche Unterscheidung werde ich nicht näher eingehen, sondern allgemein von Wärme oder Wärmeenergie sprechen, wobei uns aber doch im Folgenden die Wärme als Erscheinung bei realen zeitlichen Prozessen interessieren wird.
Ganz anders gebärdet sich der weitgehend unbekannte Begriff des "Wärmeäthers" oder "Feueräthers", der mit der Wärme der äußeren Welt scheinbar nur den Namen gemeinsam hat. Denn er wird in der Geisteswissenschaft folgendermaßen beschrieben2:
"Die sogenannten Feuerkräfte oder auch Feuergeister (als Ätherkräfte der allgemeinen Natur) zeigen sich in der übersinnlichen Wahrnehmung in kräftigen bläulichen Tönungen mit beruhigenden Wirkungen. Sie werfen durch ihre Anwesenheit ein plastizierendes Licht auf die gesamten Erscheinungen der Erde und auf die Natur. In dieser Plastizität treten die Einzelheiten wie für sich erscheinende Individualitäten auf und dennoch wirkt dieser Feueräther verbindend. Der einzelne Grashalm bildet durch den Feueräther eine Einheit mit der Wiese und wird in dieser Zugehörigkeit erlebt. Aber dieser Feueräther oder die Geister des Feuers, wenn man sie auf diese Weise benennt, sind nicht mit Hitze zu verwechseln Sie schaffen eine plastische Sphäre der Einheit und gleichzeitig geben sie ein Gefühl des Zentriertseins zu Ruhe und Frieden im Herzen."
2) Heinz Grill: Buch "Übungen für die Seele", 2022, ISBN: 9783906873336, Seiten 71 u. 72.
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Der Wärme- oder Feueräther, Skizze aus dem Buch "Geist und Materie"3 nach der Beschreibung von Heinz Grill: "Das Feuerwesen besitzt die Eigenschaft, alle Stoffe des Erdenraums von außen nach innen zu durchdringen. Es bildet deshalb ein Ganzes und kreiert Kreisformen aus." |
3) Günther Pauli, Buch "Geist und Materie", 2013, ISBN: 978-3-8495-6780-4.
Anmerkungen:
Nach der Geisteswissenschaft ersteht das Lebendige, Prozessuale nicht aus dem "Stoff" oder der grobsinnlichen Materie, sondern über die sinnlich nicht wahrnehmbaren Ätherkräfte, welche die Stofflichkeit ergreifen und organisieren. Wie im Beitrag "Eine kurze Abhandlung über das Verhältnis von Wissenschaft und Spiritualität" schon erwähnt, ist aus der Sicht der Geisteswissenschaft die Materie aus sich heraus nicht in der Lage, sich zu höherem Leben zu organisieren, sie bedarf der Äther- oder Bildekräfte, wie diese auch genannt werden.
Der Wärmeäther wird als "verbindend" beschrieben. Man kann sich hierzu die Frage stellen, warum erlebt der Mensch Einzelheiten überhaupt nicht nur für sich, sondern auch in einem Zusammenhang und kann dann sogar entsprechende Oberbegriffe bilden?
Einfache Beispiele:
Baum → Ansammlung von Bäumen → Wald
Kornähre → Ansammlung von Kornähren → Getreidefeld
Haus → Ansammlung von Häusern → Ort/Stadt
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Der Wald ist mehr als nur die Summe einer Anzahl von Bäumen. Schon aus biologischer Sicht erkennt man das, weil er einen Lebensraum für eine Vielzahl weiterer Lebewesen darstellt und damit im Verhältnis zu dem Begriff "Baum" etwas Neues darstellt. |
Jede dieser Oberbegriffe ist nicht nur einfach eine Summe der einzelnen Einheiten, sondern stellt für sich etwas Neues als übergeordneter Begriff dar. Man wird vielleicht sagen, das hat etwas mit dem Denken zu tun. Aber hat das Denken wiederum etwas mit dem erwähnten Wärmeäther zu tun?
Jedenfalls kann der Leser bei der obigen Darstellung des Wärmeäthers zunächst eine große Unterschiedlichkeit, ja Gegensätzlichkeit zu der äußeren Wärme empfinden: Die äußere Wärme erscheint rötlich-gelblich oder wird zumindest so assoziiert, sie gibt sich manchmal sogar unruhig und immer flüchtig. Der sogenannte Wärmeäther wird als kräftig bläulich beschrieben, aus einem Umkreis kommend, verbindend, zentrierend und beruhigend wirkend. Was haben die beiden Erscheinungen also miteinander zu tun? Weshalb heißt der Wärmeäther überhaupt "Wärmeäther"?
Nun wollen wir uns zunächst dem Wesen der äußeren oder physikalischen Wärme zuwenden.
Wir schauen uns verschiedene Vorgänge und Phänomene an, die mit der äußeren Wärme zusammenhängen und prüfen dann, ob sich an diesen Vorgängen etwas Gemeinsames finden lässt.
Als erstes machen wir einen kleinen Versuch: Reiben Sie mit Ihrem Finger kräftig an einer Wolldecke, einem Teppich etc. Was nehmen Sie wahr? Richtig, es entsteht Wärme, die Sie fühlen können und Sie beobachten auch, dass diese zusätzliche Wärme wieder verschwindet, also nicht an Ihrem Finger bleibt, wenn Sie das Reiben beenden. Dieser einfache Versuch ist nicht banal, denn er zeigt einige wesentliche Eigenschaften der äußeren Wärme:
1) Der Mensch hat ein Sinnesorgan für die physikalische Wärme, er kann sie unmittelbar über seine Haut wahrnehmen. Dies ist nicht selbstverständlich, denn zum Beispiel für Elektrizität oder radioaktive Strahlung hat er keinen unmittelbaren Sinn, er kann diese nur durch Sekundäreffekte wahrnehmen. Oder können Sie etwa bei der 12V-Batterie Ihres Autos allein durch Anschauen oder Anfassen mit den Händen feststellen, dass sie geladen ist und auf wieviel Kapazität diese geladen ist?
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Freisetzung von Wärme bei einem Schleifprozess in der Industrie. Die Wärme ist hier für den Techniker ein lästiges oder sogar schädliches Nebenprodukt. Das Werkstück kann durch sie beschädigt werden, man bezeichnet dies als Schleifbrand. (Bild: Industriemuseum Chemnitz) |
2) Wärme begleitet äußere Vorgänge wie das Reiben. Dies können wir sehr weit verallgemeinern. Egal, was man für Vorgänge aus der äußeren Technik und Natur nimmt, Arbeits- und Haushaltsgeräte, Fahrzeuge in ihrem Betrieb, mechanische Vorgänge, chemische Reaktionen, Kraftwerke im Betrieb, Werden und Vergehen von Organismen: Alle Vorgänge in der Natur und Technik werden von physikalischer Wärme und Wärmebewegungen begleitet oder sogar von dieser verursacht.
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Eine chemische Reaktion mit heftiger Wärmeerscheinung (rechter Standzylinder). Ein in einen mit Chlorgas gefüllten Standzylinder eingebrachtes Stück metallisches Natrium entflammt und aus dem Chlorgas und dem Metall entsteht ein Salz: Kochsalz. (Bild: Autor) |
Wir können also das Fazit ziehen: es gibt keine realen Vorgänge in der äußeren Welt ohne Wärmerscheinung oder Wärmebewegungen. Sei es, dass die Wärme Voraussetzung ist, damit ein Vorgang überhaupt zustande kommt oder dass sie sogar dessen Ursache ist, oder sei es, dass die Wärme scheinbar nur als Begleiterscheinung auftritt. Immer begleitet die Wärme äußere Vorgänge.
3) Machen wir einmal eine Vorstellungsübung. Stellen sie sich eine etwa 6kg schwere und 600°C bis 700°C heiße rotglühende Eisenkugel vor. Diese wird mit einer großen Zange in einen gewöhnlichen Raum gebracht und dort auf eine Asbestplatte gestellt. Was wird passieren? Natürlich, die Kugel wird sich langsam abkühlen und der Raum erwärmen.
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Eine glühende Eisenkugel auf einem feuerfesten Untergrund. Sie gibt ihre Wärmeenergie an die kühlere Umgebung ab, die sich ihrerseits erwärmt. Nun stellen wir uns einmal vor: Weitere Wärmeenergie strömt aus der Umgebung der Kugel zu, diese wird noch heißer und hellglühender, während die Umgebung weiter abkühlt! (Bild: KI) |
Interessant ist nun, dass Sie sich auch das Umgekehrte vorstellen können, nämlich, dass der Raum sich von selbst weiter abkühlt und die Kugel noch heißer wird. Dies wäre nur nach dem, was man in der Naturwissenschaft die Energieerhaltung nennt, sogar möglich, nur in der äußeren Realität tritt es nie von selbst ohne weitere Eingriffe auf!
Dieses Phänomen deutet auf eine weitere wesentliche Eigenschaft der Wärme: Physische Wärme ist "dissipativ", sie "zerstreut" sich, das heißt, sie breitet sich von selbst vom heißeren Körper zur kühleren Umgebung aus, niemals umgekehrt, obwohl das Umgekehrte doch denkbar wäre.
4) Die physische Wärme ist eine Energieform, aber eine besondere Energieform: Andere Energieformen (elektrische Energie, Bewegungsenergie, potenzielle Energie, Kernenergie usw.) können vollständig in Wärme umgewandelt werden und werden auch in diese umgewandelt, Wärme selbst kann nicht vollständig in eine andere Energieform umgewandelt werden. Wenn Sie nun sagen, dass man auch elektrische Energie nicht vollständig in mechanische Energie oder umgekehrt umwandeln kann, so liegt das genau am Auftreten von dem, was unser Thema ist, an dem Auftreten von physischer Wärme bei jedem Umwandlungsprozess! Aufgrund dieses Naturgesetzes wird bei allen Motoren und Kraftwerken auch der Wirkungsgrad, der Grad der Umwandlung von einer Energieform in die andere, in Prozent angegeben.
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Das Braunkohlekraftwerk Boxberg, in Boxberg, Sachsen, Ostdeutschland, ist mit der Nennleistung von 2575 Megawatt seit 31. März 2024 das größte Kraftwerk Deutschlands. Die aus der Verbrennung der Kohle primär erzeugte Wärme kann nicht vollständig in elektrische Energie umgewandelt werden, die restliche Wärme entweicht wie bei jedem Großkraftwerk über die Kühltürme. (Bild: Autor). |
Nun wollen wir noch einmal eine Vorstellungsübung machen, um die bisher genannten Wärmeerscheinungen in ein mögliches Gesamtbild zu bringen.
Stellen Sie sich einen kleinen Hüpfball oder Flummiball vor, den Sie aus einer gewissen Höhe auf den glatten Boden ihres Zimmers fallen lassen. Oder stellen Sie sich etwas ganz anderes vor, zum Beispiel, Sie bohren mit Ihrer Bohrmaschine ein Loch in die Wand. Stellen Sie sich die Vorgänge ganz so vor, wie sie in der Wirklichkeit ablaufen.
Der Ball befand am Anfang auf einer gewissen Höhe über dem Boden in Ihrer Hand, wird losgelassen und bleibt schließlich nach mehreren im kleiner werdenden Sprüngen am Boden liegen. Oder am Anfang haben Sie die unversehrte Wand und die Bohrmaschine. Sie beginnen, der Bohrer dringt in die Wand ein, Bohrmaschine und Bohrer erwärmen sich, am Ende ist das gewünschte Loch in der Wand.
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Springender Flummi. Auch bei dem springenden Flummi entsteht bei jedem Aufprall Wärme (streng genommen sogar bei der Bewegung durch die Luft, wegen des Luftwiderstandes). Dieser Energieverlust durch Wärme bewirkt, dass der Ball schließlich zur Ruhe kommt. (Skizze: Autor) |
Was haben beide Vorstellungen oder die realen Vorgänge aber gemeinsam? Sie haben einen Anfangszustand (angehobener Ball, unversehrte Wand) und einen Endzustand (ruhender Ball am Boden, Loch in der Wand). Und bei beiden Vorgängen entsteht Wärme. Von selbst, aus sich heraus, also ohne erneuten Eingriff des Menschen, können die genannten Dinge nicht wieder in den Ausgangszustand zurückkehren, die Vorgänge sind unumkehrbar oder irreversibel. Allein in der Vorstellung des Menschen kann exakt der Ausgangszustand wie in einem rückwärts laufenden Film wieder erreicht werden.
Wir können jetzt also zu dem Schluss oder wenn Sie so wollen, zu folgender Hypothese aus den bisherigen Beispielen kommen:
Alle natürlichen und technischen Prozesse in der physischen Welt sind unumkehrbar und weisen das Auftreten oder die Begleitung von physischer Wärme auf. Oder: Alle physischen Umwandlungen oder Veränderungen in der Außenwelt sind irreversibel und werden von der physischen Wärme begleitet oder sogar von ihr ausgelöst. Bei all diesen Veränderungen kann man von einer Art Verlust oder einer Art Auflösung sprechen, die sich in der verströmenden Wärme äußern.
Anmerkungen:
Für die Leser, die es genau wissen wollen: Die Annahme einer Wiederholbarkeit oder Umkehrbarkeit verschiedener Vorgänge beruht nur darauf, dass man nicht exakt genug beobachtet. Wirklich umkehrbar und exakt wiederholbar wäre zum Beispiel der Sprungvorgang des oben genannten Balles nur dann, wenn die freigesetzte Wärme in exakt gleichen Schüben wieder in den Ball zurückkehrte, der Ball aus der Ruhe heraus wieder exakt die gleichen Bewegungen rückwärts durchliefe, um dann erneut aus exakt der gleichen Höhe den exakt gleichen Bewegungsvorgang zu wiederholen.
Als Verlust oder Auflösung kann man auch den im Alltag und in der Technik bekannten Verschleiß mit hinzunehmen (ohne diesen bräuchten Sie zum Beispiel nie ein neues Auto!).
Sehr schön kann man die äußere Wärme in ihrer jede Umwandlung begleitenden Eigenschaft schon bei der natürlichen Radioaktivität beobachten: Als Beispiel soll die Zerfallsreihe von Thorium dienen:
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Das Schwermetall Thorium (Th) besteht in seinem natürlichen Vorkommen ausschließlich aus 232Th, einen primordialen Nuklid, also einer Form, die sich mit der Entstehung der Erde gebildet haben soll. Sein Zerfall über Zwischenschritte zu Blei 208Pb trägt zur Erdwärme bei. (Bild: Ausschnitt aus der "Karlsruher Nuklidkarte", 2018, überarbeitet) |
Bei den allermeisten Schritten der Umwandlung des Thoriums wird sogenannte Alphastrahlung, also Heliumstrahlung freigesetzt, welche sich in neutrales Heliumgas umsetzt. Außerdem wandelt sich die gesamte freigesetzte Energie schließlich in Wärme um, so dass man neben dem leichteren Element Blei am Ende der Reihe ein flüchtiges Gas und flüchtige Wärme erhält.
Das heißt, ein Teil der ursprünglich metallisch-fest vorhandenen Materie hat sich in ein flüchtiges Gas und Wärme umgewandelt. Man kann hier also im echten Sinn von einem Zerfall, oder von einer Auflösung der Materie sprechen, die von Wärmeprozessen begleitet wird.
Jetzt gehen wir zu dem zweiten großen Thema Wärmeäther über:
Um uns dem anzunähern, was das Phänomen des sogenannten Wärmeäthers ist und wie man es verstehen könnte, greife ich auf die Yogapraxis der "Neuen Yogaempfindung" von Heinz Grill zurück. Denn ich werde meine folgenden Erklärungen an Beispielen dieser Yogapraxis ausführen.
Zum besseren Verständnis lasse ich Heinz Grill zunächst selbst mit einem Zitat über den Yoga zu Wort kommen:
"Der Begriff des Yoga wird heute leider nur noch mit Körperübungen assoziiert. Die Wortwurzel, die den Begriff Yoga zugrunde liegt, leitet sich von yuj (Sanskrit) ab und bedeutet Verbinden, Vereinen, trennende Gegensätze durch Erkenntnisse aufzulösen. In Wirklichkeit bedeutet Yoga deshalb eine souveräne Führungskraft für das Bewusstsein, die der Einzelne aus einem vollreifen inhaltlichen Denken und Wahrnehmen in das Leben hineinlegt4."
4) Heinz Grill, Buch: "Erkenntnisgrundlagen zur Bhagavad Gita", 2024, ISBN 9783948803186, S. 17.
Gemeint ist damit, dass der Mensch aus einem wirklich klar gebildeten Gedanken oder einer Vorstellung heraus die er in einem freien Bewusstsein hält, nun diese Vorstellung in die äußere Form in der Körperhaltung der Yogaasana umsetzt. Dies geschieht immer in einem Wechselspiel zwischen beobachtender Ruhe im Blick zu der gedachten Vorstellung und der aktiven Ausformung in den verschiedenen Körperregionen. (Zum vertiefenden Verständnis sei auf das Literaturwerk von Heinz Grill hingewiesen.)
Die sogenannten Asana oder Körperhaltungen in Yoga drücken auf künstlerische Art ein Verhältnis des Menschen, ja sogar des Einzelmenschen zur Gesamtheit der Welt aus. Wie diese Verhältnisse sind, oder was sie bedeuten in den einzelnen verschiedenen Positionen, das muss empfindsam erforscht werden, es ist auch ein wesentlicher Teil dieser Yogapraxis. Es bedeutet aber, dass auf diesem Erkenntnisweg der Mensch im Verhältnis zur Welt nicht gleichbleibt, sondern in eine Verwandlung in ein Neues eintritt.
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Die Asanastellung "Bogen". "Der Bogen ist ein Sinnbild für eine gesunde nervliche und körperliche Spannkraft und stellt die vitale Substanz der Konzentrationsfähigkeit dar, die der Übende aus dem Luftkreis seiner Umgebung aktiviert und in der Antwort einer Aktivität aus ihm selbst durch den Willen mobilisiert. Der Umkreis und das Zentrum im Inneren wirken zusammen. Im Bogen ist dieses Zentrum durch die Mitte der Anspannung gekennzeichnet5." (Zeichnung: Autor) |
5) Heinz Grill, Buch "Die Seelendimension des Yoga", 2015, ISBN 9783941995970, Seiten 158, 159.
Gelingt es dem Ausführenden, gewohnte Körpergefühle, Assoziationen und störende Einflüsse in der Übung zurückzuhalten, so kommt er zu neuen Empfindungen und erlebt eine erste Offenheit im Umkreis bei gleichzeitiger Zentrierung. Für die eigene Erfahrung ist es natürlich auch erforderlich, in die Praxis der hier angedeuteten Übungsweise einzutreten.
Aber dieses Erleben in einer ersten Art des Schöpferischseins lässt sich auf alle anderen Prozesse übertragen, bei denen der Mensch in irgendeiner Weise in der Außenwelt aktiv wird. Sei es die Fertigung eines Bauwerks, sei es die Konstruktion von Maschinen, das Plastizieren eines Kunstwerks oder das Schreiben eines Aufsatzes: Wenn der Mensch bei all diesen Vorgängen wirklich von einer Idee oder einer Vorstellung im Ideal der Sache ausgeht, in die Umsetzung tritt und diese im Wechselspiel von aktiven Handeln und Ruhe im Blick zur im freien Bewusstsein gehaltenen Vorstellung vollzieht, werden sich ähnliche Vorgänge des Empfindens und Erleben eines Neuen ergeben, die mit dem sinnlich nicht fassbaren Wirken des herangebildeten Wärmeäthers in Zusammenhang stehen.
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Der werktätige, schöpferische Mensch. In der wechselnden Auseinandersetzung zwischen gebildeter Vorstellung und dem Handeln an einer äußeren Sache entsteht ein Neues im Menschen, dass sich nicht nur in einer zunehmenden äußeren Fertigkeit, sondern auch im Wesen der gesteigerten Individualität des Menschen ausdrückt. (Bild: Pixabay) |
Am Anfang steht die Idee, der Gedanke oder die Vorstellung und am Ende ist diese in die äußere stoffliche Welt umgesetzt, sei das nun eine mit dem eigenen Körper gebildete Form, ein Gebäude, eine Maschine oder ein Kunstwerk. Der Mensch hat dann eine unumkehrbare oder irreversible Veränderung in der Welt vollzogen und diese Veränderung betrifft nicht nur die äußere Welt, sondern auch sein seelisches Gefüge im Sinne von neuen Empfindungen und einer erweiterten Zentriertheit und einer erweiterten Beziehung sowohl zu der Sache selbst, als auch zu dem Kontext, in dem diese Sache steht. Mit diesem "Kontext" ist das gesamte Verhältnis zu anderen Menschen und der Außenwelt gemeint.
Wir können nun zu den verschiedenen Aussagen über den Wärmeäther einzelne Vorstellungen bilden. Wichtig ist, dass der Leser sich wirklich in die Bilder und Vorstellungen hineinversetzt, diese bei dem Lesen mit aufbaut, damit er zu geeigneten Empfindungen kommen kann.
Eine Aussage ist: "Der Wärmeäther wirkt verbindend ... und kreiert Kreisformen aus". Oder mit anderen Worten: er wirkt in runden Formen verbindend.
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Hierzu wieder eine kleine Betrachtungsübung. Schauen Sie das einfache Bild mit den zwei verbundenen Punkten an und zwar mit der Frage: "Bei welcher der beiden Darstellungen wirken die Punkte mehr verbunden? (Skizze: Autor) |
Im Vortrag an der freien Hochschule Lundo empfanden die Teilnehmer eindeutig das Verbindende stärker im rechten Bild. Einige empfanden die gerade Linie sogar nicht nur als neutral, sondern sogar als trennend. Das Ergebnis legt nahe, dass rundende Formen zwischen zwei Objekten mehr verbindend erlebt werden, als gerade Linien.
Als Ergänzung kann der Leser oder die Leserin zum Beispiel eine Landschaft betrachten, mit Häusern, Feldern, Waldgebieten und Höhenzügen die er als verbunden und harmonisch erlebt. Er oder sie kann sich dann die Frage stellen, ob er oder sie die Verbindung zwischen den Einzelheiten als geradlinig oder als eher rund oder bogenförmig erlebt.
Anmerkungen:
Das rundend Verbindende drückt sich schon im Physikalisch-Sinnlichen aus: die meisten Brücken, die ein Ufer mit dem anderen Ufer, einen Höhenzug mit einem anderen, oder einen Stadtteil mit einem anderen verbinden, sind bogenförmig gebaut. Dies ergibt sich unmittelbar aus den mechanischen Gesetzen der Kräfteverteilung, die in dieser Form eine gute Stabilität und Verbindung gewährleisten.
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Die Golden Gate Bridge in San Francisco, USA. Die Brücke selbst und die beiden senkrechten Pfeiler erscheinen gerade. Die Trägerseile, welche die Hauptlast aufnehmen, sind aber bogenförmig. Es wäre unmöglich, diese Seile so zu spannen, dass sie absolut gerade wären, denn dazu wären "unendlich große" Kräfte erforderlich und die Seile würden vorher reißen! (Bild: Pixabay) |
Ein kleines Beispiel wie grundsätzliche Gedanken oder Ideen, die man als Ausgangspunkt für eine Betrachtung oder Forschungsfrage nimmt auch das Ergebnis dieser Betrachtung oder Forschungsfrage beeinflussen oder anders ausgedrückt, welcher Teil eines gesamten Phänomens dann zur Erkenntnis kommt:
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Eine Kakteensammlung. Geht man von dem in der Biologie üblichen Gedanken aus, dass es in erster Linie bei allen Lebewesen um das sogenannte Überleben geht, um die sogenannte "Erhaltung der Art" und sich alle Lebewesen immer wie in einer Art Konkurrenzkampf befinden, dann wird man sagen, diese Kakteen haben ihre Stacheln oder Dornen einfach dafür, um sogenannte Fraßfeinde abzuwehren. (Bild: Autor) |
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Geht man aber von dem Gedanken aus, dass alle Pflanzen mit dem Sonnenlicht in einer Wechselbeziehung stehen und auch aus der Weisheit dieses Lichtes ihre Lebens- und Formkraft erhalten, dann bekommt man den Eindruck, dass die Stacheln oder Dornen eine Art Kommunikation der Pflanze mit dem Licht bedeuten. Denn schon eine rein physikalische Betrachtung deutet darauf hin, dass diese Stacheln oder Dornen wie ein Lichtleiter oder eine Glasfaser wirken, die das Licht in das Innere des Pflanzenkörpers leitet. (Bild: Autor) |
Von den oben beschriebenen, verbindend wirkenden Bogenformen ist es nun nicht mehr weit, für die Wirkung des Wärmeäthers einmal aus Umkreis und Zentrum gebildete Formen anzunehmen. Diese Verbildlichungen betreffen nun das Verhältnis zwischen der im Umkreis als ein Gegenüber freigehaltenen Vorstellung mit ihrer Umsetzung im Sichtbaren und der Anlage eines Zentrums im Menschen selbst und in seinem Umfeld.
In diesem oben am Beispiel der Yogapraxis beschriebenen Wechselspiel zwischen der im Umkreis oder in der Außenheit frei gehaltenen Vorstellung und der geführten körperlichen Tätigkeit erlebt der oder die Ausführende einen neuen und vertieften Zugang zu der Yogastellung. Er oder sie findet in seiner Ruhe und Zentriertheit eine neue Wahrnehmung und ein neues Verhältnis zu der Übung aus einem freien Bewusstsein. Sein oder ihr Verhältnis zu der Übung hat sich verändert, es ist nicht mehr das Gleiche, wie es vor der Ausführung der Übung war.
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Zentrum und Umkreis 1. (Bild: Autor) Bringen wir nun die obige Beschreibung mit dem metaphysischen, das heißt, sinnlich nicht wahrnehmbaren, aber seelisch empfindbaren Wärmeäther in Verbindung, so können wir folgende Hypothese aufstellen: Die von dem Bewusstsein des Menschen geführte Aktivität entfaltet diesen Wärmeäther und er äußert sich dann für diesen Menschen und auch für seine Umgebung im Folgenden:
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Wir haben es also mit einem Vorgang oder Prozess zu tun, bei dem etwas Neues, ein neues Verhältnis oder eine erweiterte Beziehung entsteht, das also einen Übergang von etwas Bisherigem zu etwas Neuen darstellt.
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Zentrum und Umkreis 2. (Bild: Autor) Arbeiten mehrere Menschen gemeinsam an einem Projekt, einem Thema oder auch an der Erarbeitung einer Yogastellung, indem sie von einer frei gehaltenen Vorstellung, einer Idee oder einem Gedanken ausgehen und diese im Zusammenspiel umsetzen, so entsteht aus der Idee im freien Umkreis nicht nur eine Zentriertheit bei den einzelnen Mitarbeitern, sondern auch ein übergeordnetes Zentrum der gemeinsamen Sache. |
Erfolgt diese Zusammenarbeit über längere Zeit im Aufbau einer gemeinschaftlichen Einrichtung, so erhält diese Einrichtung in den Aktivitäten ihr eigenes Zentrum, ihre "Seele". So führte ich den Teilnehmern an dem Vortrag nahe, dass sie mit ihren Tätigkeiten an der dortigen Hochschule dieser eine eigene Seele geben, welche mit der zentrierenden und gleichzeitig öffnenden Wirkung des gebildeten Wärmeäthers auch weit nach außen auf die Umgebung und die Menschen wirken kann.
Auch bei verschiedenen anderen, in dieser Art geführten Projekten gestaltet sich unumkehrbar oder irreversibel in einem Prozess etwas Neues: die Beteiligten selbst gewinnen nicht nur ein neues Verhältnis zu dem gemeinsamen Thema, sondern auch untereinander und dem gesamten Projekt.
Wir können jetzt für den Wärmeäther einen ähnlichen Schluss ziehen, wie für die physikalische Wärme:
Auch alle Vorgänge und Prozesse, die durch Menschen in der oben dargestellten Weise vollzogen werden, sind unumkehrbar und weisen das Auftreten oder die Begleitung von Wärmeäther auf. Oder: Alle mit Bewusstsein von Menschen geführten Umwandlungen oder Veränderungen in der Außenwelt sind irreversibel und werden von dem Wärmeäther begleitet oder sogar von ihm ausgelöst.
Bei all diesen Veränderungen kann man aber nicht nur von einem Verlust sprechen, der zweifelsohne an der bearbeiteten Materie auftritt und sich in Reibung und physischer Wärme äußert. Sondern es zeigt sich auch ein Neues, ein Entstehen, welches sowohl die seelische oder metaphysische Ebene betrifft, aber auch im Äußeren als geschaffene Form sichtbar wird und eine lebenserkraftende Wirkung auf die Menschen und die umgebende Natur ausübt.
Anmerkungen:
Wir können den obigen Schluss auch für alle Naturvorgänge vermuten, obwohl die Naturvorgänge, die scheinbar unabhängig vom Menschen ablaufen, in unserer Auseinandersetzung bezüglich des Wärmeäthers noch nicht hinreichend betrachtet wurden. Zu dem Begriff der Irreversibilität oder Unumkehrbarkeit siehe die schon bei der physikalischen Wärme gemachten Anmerkungen.
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Linkes Bild: Park Schloss Kromlau in Sachsen. Die Anlage des Parks wurde 1844 begonnen und über einen längeren Zeitraum gestaltet. Die Ideen und die Schöpferkraft verschiedener Landschaftspfleger bauten den Park auf und er wird heute noch weiter gepflegt. Die bis zu 150 Jahren alten Bäume und bis zu 100 Jahre alten Rhododendronsträucher zeigen sich immer noch in gutem Zustand. Rechtes Bild: Ein Waldstück bei Chemnitz, Sachsen. Der Wald bleibt weitgehend sich selbst überlassen, der Mensch greift nur noch in den nötigsten Fällen ein. Umgefallene Bäume und Totholz bleiben liegen und verrotten. Viele Bäume dort erreichen oft nur ein Alter von 30 bis 50 Jahren. (Bilder: Autor) |
Dass der Wärmeäther auch in der Natur auftritt und die Prozesse und Vorgänge in der Natur ebenso wie die physikalische Wärme begleitet, bedarf noch einer erweiterten forschenden Untersuchung bezüglich seines Entstehens. Wir haben im zweiten Teil bei der Betrachtung des Wärmeäthers nur die unmittelbaren Aktivitäten des Menschen ins Auge gefasst und noch nicht die allgemeine Natur mit einbezogen, die in ihren Abläufen scheinbar unabhängig vom Menschen ist. Welche tieferen Zusammenhänge könnten hier bestehen? Es ist aber naheliegend, das aufbauende Aktivitäten von Menschen auch einen belebende Wirkung auf die Natur ausüben, siehe obige Bilder.
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Die Ruine eines Klostergebäudes. Die Klosteranlage mag einmal aus der Idee einer Gemeinschaft mit höheren religiösen Zielen gebaut worden sein. Die Gebäude wurden gedacht, geplant und in der wohl lange zurückliegenden Zeit mit viel menschlichem Einsatz gebaut. Heute besteht von dieser Anlage nur noch eine Ruine und diese wird weiter verfallen. Die Idee einer Gemeinschaft mit höheren Zielen als solche ist aber geblieben und hat sich weiterentwickelt und steht in dieser erweiterten Form nun den Menschen zur Verfügung. (Bild: Pixabay) |
Die in den Projekten der Menschen bearbeitete Materie ist nicht das Neue, sondern das Neue erhält in der gestalteten Form seinen äußeren sichtbaren Ausdruck in der Materie. In der eigentlichen Bedeutung bleibt der Ursprung der äußeren Form als Idee aber metaphysisch. Die Materie selber und mit ihr die äußere sichtbare Formgestaltung sind der Vergänglichkeit unterworfen. Die materielle Form ist nur das, was sich von der Idee im Äußeren ausdrückt. Sie wird selbst einmal entsprechend allen anderen äußeren Erscheinungsformen in Begleitung der physikalischen Wärme wieder vergehen. Die einmal gebildete Form im Äußeren ist also nicht zu verwechseln mit dem, was der Mensch in der Aktivität des Wärmeäthers wirklich an Neuem hervorbringt, welches sich auch in der gesamten Weltentwicklung weiter fortsetzt.
Zusammenfassend stelle ich nun die gewagte Hypothese auf:
Physikalische Wärme und Wärmeäther sind nur zwei Seiten ein und desselben Prozesses der allgemein in der Welt stattfindenden Verwandlungen oder Transformationen.
Die physische Wärme begleitet den einen Teil des Vergehens in der sinnlichen Welt der Materie, der Wärmeäther begleitet den neuwerdenden oder „auferstehenden“ anderen Teil dieses Prozesses in der metaphysischen oder seelisch-geistigen Welt.
Anmerkungen:
Die in der Hypothese genannte Beziehung könnte der Grund sein, dass man in der Geisteswissenschaft einer metaphysischen Kraft den Namen "Wärmeäther" gegeben hat. Äußere Wärme und Wärmeäther sind "wie die zwei Seiten der selben Münze, oben und unten, Kopf und Zahl". Der Leser kann nun in der genannten Hypothese auch die zunächst bewusst weggelassene Beschreibung des am Anfang des Artikels platzierten Bildes sehen.
Die äußere sinnliche Welt und die sich auf diese beziehende Wissenschaft umfasst nach meiner Ansicht nur das Tote, schon Gewordene und wieder Vergehende. Daher erfasst die Wissenschaft von dem gesamten Prozess auch nur die Seite der Vergänglichkeit in der flüchtigen physikalischen Wärme.
In engen Zusammenhang mit der physikalischen Wärme steht in der Naturwissenschaft der Begriff der Entropie. Mit ihm erfasst die Naturwissenschaft auf abstrakte Weise das Wesen der Vergänglichkeit und leitet hiervon auch die Richtung einer "vergehenden Zeit" ab (siehe hierzu den Artikel des Autors "Das Verhältnis von Wissenschaft und Spiritualität", Punkt 3, "Leben und Tod - ein Ausflug in die Systemtheorie"). Der mögliche metaphysische Inhalt einer "in der Auferstehung in die Zukunft werdenden Zeit" kann von ihr (noch) nicht erfasst werden.